Interview 2015
Sechs Fragen über das Reisen ohne Zeitlimit ...
Foto: Interview auf der Frankfurter Buchmesse 2011
(1) Warum sind Sie Nomade geworden?
Manchmal sind die Entdeckungen, die man auf einer Reise macht, so überwältigend, dass man sich Hals über Kopf in diese unsere Welt verliebt. Diese Leidenschaft ist wie die wahre Liebe, ein schlingendes Schwarzes Loch, dem man weder entkommen kann noch möchte. Wen es einmal gepackt, der ist süchtig nach Reisen, und wird wahrscheinlich nie mehr sesshaft werden oder im Mainstream mitschwimmen wollen.
(2) Wie soll man sich auf eine Reise unbestimmter Dauer vorbereiten?
Man kann mit leichtem Gepäck fahren oder sich auf alle Eventualitäten einstellen, man kann jahrelang planen oder spontan aufbrechen – das spielt keine große Rolle. Wirklich vorhersehen kann man nie, was draußen in der Welt auf einen wartet. So viel man auch über ein Land liest, es hilft wenig. Etwas über die Welt zu wissen, bedeutet noch längst nicht, sie zu verstehen. Das kann man nur durch Erfahrungen erster Hand und Neugier in der Fremde zu erwerben versuchen. Wobei das Wort "versuchen" zu betonen ist.
(3) Warum haben Sie sich 2012 für eine Weiterreise mit dem Motorrad entschieden?
Weil Motorradfahren Spaß macht? Ehrlich gesagt, hängen der Spaß und die Qualität einer Fernreise aber nicht vom Fahrzeug, sondern vom Reisenden ab. Mit einem Land Rover hätte mir der Trip von Europa nach Australien sicher ebenso gut gefallen. Aber Matilda war nach ihrer Erdumrundung zwischen 2002 und 2010 dazu nicht mehr in der Lage.
(4) Wie finanzieren Sie ihr Nomadenleben?
Ich brauche im Schnitt 6000 US-Dollar (derzeit 5500 Euro) pro Jahr, alles inklusive. Sponsoren habe ich nicht. Mein Leben bestreite ich alleine als Autor der "Hinter dem Horizont" Serie. Das Schreiben ist meine zweite, große Leidenschaft.
(5) Was ist der Zweck jahrelangen Reisens, und welchen Gewinn bringt es?
Sie meinen, warum ich allen Komfort einer sesshaften Lebensweise hinter mir gelassen habe und mich mit einem Motorrad, zwei Garnituren Kleidung und einer Zahnbürste zufrieden gebe? Das muss jeder Nomade selbst wissen. Der höchste Gewinn ist für mich die physische und psychische Freiheit. Es sind nicht mehr die Medien, die meine Meinungen über Nationen, Kulturen und Vorgänge in der Welt prägen. Ich selbst bin nun ein unabhängiger Augenzeuge. Dank der täglich einströmenden Reize denkt man schon bald in neuen, nicht für möglich gehaltenen Bahnen, stellt vorher nie erahnte Fragen und sieht alles aus einer ganz anderen Perspektive.
(6) Und was wird später sein, im Alter? Können Sie überhaupt in ein “normales” Leben zurückkehren, und was ist mit Ihrer Rentenkasse?
Was ist eine Rentenkasse? Und was ein "normales" Leben?